Jusos BRH kritisieren SPD-Fraktion in Gundelfingen

Veröffentlicht am 24.09.2023 in Aktuelles

Derzeit läuft in Gundelfingen eine intensive Diskussion zu einem Thema, welches die Gemeinde bereits lange verfolgt. Noch endet das Straßenbahnnetz der VAG in Freiburg an der Haltestelle Gundelfinger Straße an der Ortsgrenze. Seit Jahrzehnten gibt es Pläne, diese Strecke bis nach Gundelfingen hinein zu verlängern. Klingt angesichts des dringend nötigen Ausbaus des ÖPNV richtig gut? Finden wir auch. Leider gibt es zahlreiche Gegner, darunter auch die dortige SPD-Fraktion im Gemeinderat.

Die Argumente für und gegen sind vielfältig. Klar bleibt für uns Jusos aber: Wir Sozialdemokrat*innen stehen für die Verkehrswende hin zu einer einfachen, effizienten Mobilität. Das schreiben wir uns auf Plakate, das erzählen wir den Menschen, das kritisieren wir an anderen Parteien. Dann muss aber auch eine Sache absolut klar sein: Wir setzen diese Forderungen auch um. Deswegen sind wir sehr irritiert und enttäuscht davon, dass die SPD-Fraktion zu den politischen Kräften gehört, die sich einer Planungsaufnahme verschließen und diese bekämpfen. Unsere komplette Kritik entnehmt ihr unserem offenen Brief. Der Text des Briefes:

Sehr geehrte SPD-Gemeinderäte in Gundelfingen,
sehr geehrter SPD-Ortsverein Gundelfingen,
liebe Genossinnen und Genossen,

mit großer Verwunderung stellen die Jusos Breisgau-Hochschwarzwald fest, dass die SPD-Fraktion im Gemeinderat in Gundelfingen sich gegen den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs einsetzt. Ein Elektrobus, dessen Einführung weder finanziell noch politisch gesichert ist, kann keine Straßenbahn ersetzen. Er ersetzt weder die Kapazität noch kann er die Attraktivität einer Straßenbahn bieten.
Gundelfingen hat, als größte Gemeinde im Landkreis, hier die einmalige Chance ein modernes, zuverlässiges und sicheres Verkehrsmittel für sehr geringe Kosten zu bekommen. Merzhausen hatte diese Chance und hat sie nicht ergriffen. Der Merzhausener VAG-Bus 12 wurde vor einigen Jahren eingestellt.

Wir möchten unsere große Enttäuschung darüber zum Ausdruck bringen, dass Ihr euch gegen diese Möglichkeit, teilweise auch mit falschen oder verkürzten Behauptungen einsetzt. Ein „Tod“ der Ortsmittte ist keinesfalls vorherbestimmt und ein klassisches Argument gegen die Verkehrswende. Es gibt zahllose Beispiele, die Gegenteiliges beweisen. In Haslach oder Betzenhausen gibt es einen lebendigen Einzelhandel, im Rieselfeld hat sich trotz der von Anfang an existierenden Straßenbahn Einzelhandel angesiedelt.

Ein flächendeckendes Fällen von Bäumen ist, wie am Beispiel Zähringens zu sehen, ist ebenfalls nicht erforderlich. Ein Wegfall von Parkflächen wird zwar unvermeidbar sein, jedoch existieren die Parkplätze ja aufgrund der Flächenfreihaltung FÜR die Straßenbahn. Außerdem besitzt Gundelfingen mehrere Tiefgaragen in der Ortsmitte, eine Reduktion des Flächenverbrauchs durch ruhenden Verkehr in der Ortsmitte wäre auch ohne Straßenbahn angesichts der dringend gebotenen und von der SPD vorangetriebenen Mobilitätswende wünschenswert. Ebenfalls sehen wir nicht, weshalb Fußgänger mit und ohne Mobilitätseinschränkungen behindert werden sollten. Vielmehr bietet der Bau der Straßenbahn die Möglichkeit, die Ortsmitte barrierefreier zu gestalten. Im Planungsverfahren wird eine sich in das Ortsbild und die Nutzung der Ortsmitte einfügende Gestaltung möglich. Bei Veranstaltungen kann die Bahn, wie bereits immer wieder in Freiburg der Fall, einfach temporär an der bisherigen Endhaltestelle enden.

Die bisher vorgebrachten Gegenargumente basieren auf einer 30 Jahre alten Planung und scheinen einer sachlichen Diskussion nicht gerecht zu werden. Wir haben den Eindruck, dass hier bewusst Angst geschürt wird und eine faktenbasierte Argumentation unmöglich wird. Mit Unverständnis nehmen wir in diesem Zusammenhang weiterhin wahr, dass obwohl im Dezember Nutzungsprognosen vorliegen könnten, stur am Abstimmungstermin im November festgehalten wird. Dies wird einer faktenbasierten demokratischen Entscheidung nicht gerecht.

Besonders überrascht hat uns der Beschluss einer Koalition aus Freien Wählern, CDU und SPD, die die Aufstellung von Mastenattrappen und Ampeln zur Simulation der angeblichen Nachteile einer Straßenbahn fordert. Selbstverständlich kann dies die Realität in keiner Weise darstellen. Wir würden uns stattdessen freuen, wenn ihr euch in die Perspektive all jener Menschen versetzt, die kein Auto besitzen, die nachts alleine nach Hause fahren müssen oder die einen Umstieg nicht ohne Schwierigkeiten bewältigen können.
Eine Straßenbahn bietet eine direkte, attraktive und auch komfortable Möglichkeit der Fortbewegung. Außerdem bietet sie einen Mehrwert an Sicherheit, gerade für Frauen. Diese müssen dann nicht mehr nachts ab der Gundelfinger Straße nach Hause laufen.

Die Straßenbahnstrecke ist nicht nur für Gundelfingen von Bedeutung, sondern auch für den gesamten nördlichen Breisgau. Um die genaue Bedeutung zu erfahren wäre ebenfalls eine Planung notwendig. Uns stört, dass ihr euch eben nicht auf einer faktenbasierten Grundlage gegen eine Straßenbahn entscheidet, sondern schon den Einstieg in die Planung ablehnt.
Mit großer Sorge nehmen wir auch die zunehmende Polarisierung der gesamten Debatte zur Kenntnis. Es wird teilweise einer Positionierung für die Straßenbahn jegliche Daseinsberechtigung abgesprochen, teilweise wird sogar von bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Falle einer Annahme des Bürgerentscheids gesprochen. Das kann nicht das Niveau der Debatte, bei der es noch nicht einmal um eine konkrete Umsetzung geht, sein.

Wir setzen uns als Jusos und als Sozialdemokratische Partei für eine Verkehrswende ein. Wir haben als Genossinnen und Genossen alle ein Verständnis dafür, dass die Klimakrise eine gigantische Bedrohung darstellt und wirksame Maßnahmen nötig sind. Dies kann aber nicht bloß eine Floskel darstellen, sondern muss sich auch in unserer aktiven Arbeit niederschlagen. Dazu rufen wir auf.

Wir würden euch bitten, in euch zu gehen und eure Haltung, zum Wohle der Gundelfingerinnen und Gundelfingern zu überdenken oder zumindest den Weg frei für eine faktenbasierte, faire Auseinandersetzung zu machen, und nicht zusammen mit Konservativen und Rückwärtsgewandten mit Angst gegen den Fortschritt anzukämpfen.
Gerne gehen wir auf das Diskussionsangebot im Rahmen einer Mitgliederversammlung ein.

 

Mit solidarischen Grüßen,


Laura Petralito


Yannik König

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